Fraunhofer fordert mehr Wandlungsfähigkeit von den Unternehmen

Der zweite Fraunhofer Kaminabend 2011 hat es auf den Punkt gebracht: Die Fähigkeit, auf Marktschwankungen  zu reagieren, ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, um als Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Mit Ad-hoc-Entscheidungen können kurzfristig Krisensituationen bewältigt werden. Massive Kostenvorteile lassen sich aber nur durch kontinuierliches Anpassen des Flexibilitätskorridors durch Wandlungsfähigkeit erzielen. 

 

Zunehmende Kundenorientierung und die damit verbundene Individualisierung der Produkte generieren bei Industrieunternehmen Nachfrageschwankungen, die von ihnen eine äußerst hohe Flexibilität abverlangen. Schwankungen, die über ihren vorhandenen Flexibilitätskorridor hinaus gehen, können in der Regel nur mit Zusatzkosten abgearbeitet werden. In nahezu allen Branchen haben Unternehmen mit unterschiedlichsten Konzepten und Strategien versucht, dieser Herausforderung mit Notfallmaßnahmen kurzfristig gerecht zu werden. Selten aber haben sie Konzepte entwickelt, die sich mit einer kontinuierlichen Anpassung ihrer Flexibilität auseinandersetzten. Die aktuelle Japankrise hat verdeutlicht, dass die in vielen Unternehmen entstandenen Lieferengpässe etwa in der Elektronik oder Automobilbranche lediglich mit immensem finanziellem Aufwand behoben werden konnten. Der Grund: Sie hatten keine wandlungsfähigen Produktions- und Logistikstrukturen vorgehalten, die eine notwendige Anpassung ihrer Flexibilität ermöglicht hätten.

 

Fraunhofer Austria hat die Bedeutung einer kontinuierlichen Anpassung der Unternehmensflexibilität durch wandlungsfähige Produktions- und Logistikstrukturen erkannt und ihre erfolgreiche Umsetzung in unterschiedlichen Industrieprojekten aufgezeigt. Damit konnten die Forscher von Fraunhofer beweisen, wie Unternehmen effizienter, vor allem wirtschaftlich auf Veränderungen des Marktes reagieren können.

 

Eingriffe in die Produktions- und Logistikstruktur
Die Wandlungsfähigkeit eines Unternehmens zu verbessern, bedeutet nicht nur flexibel innerhalb eines festgelegten Rahmens zu reagieren, sondern diesen auch kontinuierlich anzupassen. Möchte ein Unternehmen wandlungsfähig sein, erfordert dies in aller Regel eine permanente Veränderung der Produktions- und Logistikstruktur, über die der Kundenbedarf vom Wareneingang des Unternehmens bis hin zur Auslieferung zum Kunden geleitet wird. Gerade auch in der letzten Finanzkrise wurde offenbar, dass wandlungsfähige Unternehmen deutlich besser mit den Auftragseinbrüchen zurechtkamen. Flexibilität allein reichte in den seltensten Fällen und viele Betriebe konnten Verluste bis hin zu Insolvenzen nicht vermeiden – wandlungsfähige Unternehmen hingegen gingen gestärkt aus der Krise, da das Gesamtsystem schnell auf die geänderte Situation angepasst werden konnte und auf niedrigerem Niveau weiterhin profitabel gewirtschaftet wurde.

 

Einsparpotenzial in Produktion und Logistik
In der Produktion ermöglichen wandlungsfähige Strukturen zum Beispiel eine regelmäßige, wirtschaftliche Anpassung des Produktionslayouts an die neuen Marktbedingungen. Diese können durch veränderte Nachfragen von Produkten oder Mengenentwicklungen seitens des Marktes notwendig werden. „Mit der Einführung eines flexiblen Produktionslayouts konnten wir bei einem Industriekunden eine Aufwandsreduzierung von über 25 Prozent generieren,“ weiß Wilfried Sihn, Geschäftsführer von Fraunhofer Austria beim zweiten Fraunhofer Kaminabend von einem konkreten Praxisfall zu berichten. Ähnlich erfolgreich können Unternehmen im Bereich der Logistik agieren und sich zum Beispiel durch die Änderung ihrer Beschaffungsstrategien Vorteile in Hinblick auf Unruhekosten - also die Kosten durch ungeplante Maßnahmen - verschaffen. Als weiteres Beispiel indirekter Erhöhung der Wandlungsfähigkeit, gilt die unternehmensübergreifende Bündelung von Materialströmen. Schwankungen in den Bedarfen einzelner Unternehmen werden ausgeglichen und Auslastungsrisiken geteilt. Hier konnte Fraunhofer Austria in einem Projekt eine Reduktion der Logistikkosten um 14 Prozent nachweisen. 

 

Wandlungsfähigkeit am praktischen Beispiel
Was Wandlungsfähigkeit in der Praxis bedeuten kann, erklärte am Fraunhofer Kaminabend Dipl.-Ing. Thomas Saiko, Werkleiter der Trumpf Maschinen Austria GmbH & Co KG mit der hohen Reaktionsfähigkeit seines Unternehmens. Trotz absoluter Fokussierung auf Prinzipien der schlanken Produktion ist das Maschinenbauunternehmen nach wie vor extrem flexibel. "Auf Auftragsschwankungen bis zu vierzig Prozent ist das Unternehmen vorbereitet", so Thomas Saiko. "Doch das schaffen wir nur dadurch, dass wir uns immer wieder am Kundenbedarf ausrichten und die Mitarbeiter kontinuierlich schulen."


Die genannten Beispiele zeigen, wie durch die Erhöhung der Wandlungsfähigkeit der Unternehmen in den Bereichen Produktion und Logistik Einsparpotenziale erzielt werden kön-nen und gleichzeitig besser auf die zunehmende Turbulenz der Märkte reagiert werden kann. Unternehmen müssen zur Realisierung ihre individuellen Stellhebel zur Wandlungs-fähigkeit identifizieren. Fraunhofer verfügt hierzu über unterstützende Methoden und Tools um Unternehmen optimal zu unterstützen. 

 

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