Wasserstofftechnologie: Innovative Umwelt-Technologieforschung made in S-Tirol

Über vierzig Prozent weniger Stickoxyde, bis zu neunzig Prozent weniger Feinstaub. Das Institut für innovative Technologien hat in einer überzeugenden Testreihe den Nachweis erbracht, wie mit Wasserstoffzumischung die Emissionen von Methan betriebenen Busse im Nahverkehr drastisch gesenkt werden können.


Die Implementierung der Wasserstofftechnologie in Südtirol wurde im Jahre 2006 von der Südtiroler Landesregierung als neues Ziel definiert und hat im Wasserstoffzentrum Südtirol des Instituts für Innovative Technologien (IIT) die notwendigen formalen und operativen Voraussetzungen gefunden. Neben der Sensibilisierung der Energienutzer für den Energieträger Wasserstoff, beschäftigt sich das IIT mit der Durchführung des gesamten Projektes des „H2 Südtirol Sudtirolo South Tyrol“ von der Konzeption über die Realisierung bis zur Führung. Vor diesem Hintergrund hat jetzt das IIT in einem aufwendigen Feldversuch den Nachweis erbracht, dass Wasserstoff als Zumischung zum Treibstoff den Wirkungsgrad konventionell betriebener Motoren verbessern und die Emissionswerte deutlich senken kann.
Mit dem Leiter des Instituts für innovative Technologien, Dr. Walter Huber haben wir über Wasserstofftechnologie und über die Ergebnisse des Feldversuchs gesprochen. 


Was sind die Aufgaben ihres Institiuts?
Dr. Walter Huber: Das IIT erforscht und beschäftigt sich zum Nutzen der heimischen Bevölkerung und zur Stärkung lokaler Wirtschaftskreisläufe mit neuen Erkenntnissen und Technologien in den Bereichen Umwelttechnik, regionale Entwicklung, lokale Wertschöpfung und Energie. Dabei spielt für uns das äußerst komplexe Themengebiet der Wasserstofftechnologie eine entscheidende Rolle.  


Wie kam es zum Feldversuch mit einem Bozener Nahverkehrsbus?
Dr. Huber: Die Idee, Wasserstoff als Kraftstoff für Verbrennungsmotoren einzusetzen ist nicht neu und geht bis in die 1930er Jahre zurück. Dass Wasserstoff als Zumischung den Wirkungsgrad konventionell betriebener Motoren verbessern und die Emissionswerte deutlich senken kann, wollten wir in einem aufwendigen Feldversuch mit einem Methan betriebenen Bus der SAD Trasporto Locale unter Beweis stellen. 


Wie entstand das Wasserstoff-Methan-Projekt und wer waren die Projektpartner?
Dr. Huber: In Bozen sind aktuell 74 Methan betriebene Stadtbusse mit einer Jahresleistung von etwa drei Millionen Kilometer im Einsatz. In unserem Projekt ging und geht es um den Nachweis einer möglichen Emissionsminderung und um die Reduktion schädlicher Abgase und der ausgestoßenen Partikelmenge durch die Zumischung von 30 Volumenprozent Wasserstoff zu 70 Prozent Methan. Dazu wurde eine Arbeitsgruppe zusammengestellt. Partner waren das ECO Research, ein Labor hoch spezialisierter Techniker, die wiederum mit hoch spezialisierten Mess- und Prüftechnikern von der VF Analyse- und Messtechnik GmbH zusammenarbeiteten. Sie bildeten die analytische Seite, die das Follow-up und die Tests durchzuführen hatten. Als Lieferanten der Mischgase konnten wir die italienische airproduct Firma SAPIO gewinnen. Sie war die einzige, die ein in der Zusammensetzung genau definiertes Mischgas liefern konnte. Den Prüfstand mit aller erdenklicher elektronischer Messtechnik fanden wir bei IVECO in Bozen (wie heißt IVECO offiziell, ist es die Firma Gasser ?). IVECO selbst war sehr interessiert, da auch das Nutzfahrzeugunternehmen in Sachen Sonderfahrzeuge in dieser Richtung testet. Für eine quantifizierbare Analytik mussten wir ein spezielles Messsystem aufbauen, um alle 200 Millisekunden ein Abgasspektrum darstellen zu können und somit eine Chance zum Simulieren zu bekommen. 


Und was waren schließlich die Projektergebnisse?
Dr. Huber: Unsere Hoffnungen und Erwartungen haben sich mehr als bestätigt und hat den ganzen Versuch damit noch interessanter und komplexer gemacht. Auch gerade um den hohen Anforderungen der Wissenschaft gerecht zu werden, mussten wir äußerst präzise und detailliert vorgehen. Im Versuch sind wir dann mit einem Mischverhältnis von dreißig Prozent Wasserstoff zu siebzig Prozent Methan gefahren und haben erstens gesehen, dass Wasserstoff in dieser Mischung nicht mehr aggressiv und zweitens nicht mehr so diffusionsfähig ist. Das bedeutete, dass wir trotz Wasserstoff mit den gleichen Materialien arbeiten könnten wie bisher (z.B. Tanks). Dann haben wir praktisch alle möglichen Parameter getestet. Die Stickoxyde, den Feinstaub, haben also sogar eine Feinstaubanalytik durchgeführt. Darüber hinaus haben wir die unverbrannten Kohlenwasserstoffe und natürlich auch das Kohlenmonoxyd untersucht, mit der klaren Erkenntnis, dass wir auf dem richtigen Weg sind.  


Was sind nun die nächsten Schritte und wie sehen Sie die Zukunftschancen der Wasserstoff-Technologie als Fahrzeugantrieb?
Dr. Huber: Wir werden jetzt eine wissenschaftliche Auswertung der Testergebnisse durchführen, um final klare Ergebnisse zu erhalten. Schon heute können wir aber sagen, dass wir eine 40-prozentige Reduktion der Stickoxyde und ein 90-prozentige Reduktion von Feinstaub erreichen werden und es sich somit lohnt, diese Technologie weiter zu entwickeln. Dann müssen alle praktischen Fragen auf den Prüfstand, wie zum Beispiel die Höhe der Umrüstkosten der Fahrzeuge oder die Garantiefrage der Hersteller nach dem Umbau. Doch insgesamt sind wir schon ein bisschen stolz, da die Idee, Wasserstoff mit Erdgas zu mischen von Italien ausgegangen ist. Übrigens bis hin zum Lobbying in Brüssel, um die Idee als Zukunftstechnologie auch anerkannt zu bekommen. Tatsache ist, dass jetzt auch einige andere Länder in diese Richtung gehen. So ist diese Technologie als Zwischenschritt mittlerweile in Brüssel willkommen. Daher rechnen wir uns für dieses Projekt gute Perspektiven aus. In naher Zukunft wollen wir unser Umrüstungs-Know-how im Markt platzieren. 


Ist die Wasserstofftechnologie der Weisheit letzter Schluss?
Dr. Huber: Nein sicher nicht. Auch wir müssen uns fragen, was wollen wir machen und was macht davon wirklich Sinn. Vor allen Dingen müssen wir versuchen, mit den Kosten zurecht zu kommen. Eine Idee, die wir zum Beispiel mitverfolgen ist die Überlegung, was wir mit dem Sauerstoff machen können, der bei der Elektrolyse parallel zum Wasserstoff entsteht. Normalerweise blasen wir ihn in die Luft. Nun stellt sich uns die Frage, ob wir den Sauerstoff nicht irgendwie nutzen können und ihn zum Beispiel an Südtiroler Spitäler zu liefern?

 


 
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