Kommentar: Lewis Hamilton - Einer der ganz Großen …?

Nach seinem theatralischen Auftritt beim Formel 1-Rennen in Monaco steht Lewis Hamilton einmal mehr im Fokus der Kritik. Ist er – oder ist er nicht einer der ganz Großen im Motorsport. Ich meine eher nein.


Ich kann die sich ewig im Kreise drehende Diskussion um die Qualitäten eines Lewis Hamilton nicht mehr hören. Lange genug ist er im Rennzirkus aktiv, um ihn, seine Persönlichkeit und seine Stärken und Schwächen einschätzen und beurteilen zu können. Hier der perfekte Rennfahrer und da ein eher schwacher, flatterhafter Diva-Charakter, der mit seinen Qualitäten als Rennfahrer nicht annährend mithalten kann. 

 

Doch eines ist sonnenklar: Ihn in einem Atemzug mit Niki Lauda, Ayrton Senna oder Michael Schumacher zu nennen ist in vielerlei Hinsicht unmöglich, ja sogar falsch. Aus mehreren Gründen:

1. Die Meinungen, ob im Motorsport das Auto oder der Fahrer wichtiger ist gehen bekanntermaßen weit auseinander. Doch eines ist klar: noch nie hat es eine Zeit im Motorsport gegeben, in der eine Marke/Team dermaßen überlegen war, wie aktuell Mercedes. Überlegen, nicht nur in Sachen „Technik“, sondern auch in Sachen „Teamwork“. Interessant wäre die Frage wie es ausgehen würde, müssten die Fahrzeuge und Teams unter den Fahrern durchgetauscht werden, wie in einer Teildisziplin im Reitsport. Dann könnte man besser beurteilen, ob Lewis wirklich so überlegen ist, wie es den Anschein hat.

 

2. Ein weiterer, wichtiger Aspekt ist das Thema Sicherheit. Früher gab es eine reelle Chance für die Fahrer, das Rennende nicht mehr zu erleben. Im doppelten Sinne nicht. Alleine in den 1950er Jahren starben 16 Fahrer, in den 1960er Jahren 25 Fahrer und in den 1970er Jahren noch einmal 15 Fahrer - nur bei internationalen Rennen. Das ist heute ganz anders und hat enormen Einfluss auf die Fahrer, auf ihre Fahrweise und Risikobereitschaft. Wer es nicht glaubt, der frage nach bei Hans Herrmann…

 

3. Die Anforderungen an die Fahrer sind aufgrund der differenzierten Technik über die Jahrzehnte extrem unterschiedlich und nicht zu vergleichen. Daher ist es schwierig, vertikal, also über die Zeitepochen Parallelen zu ziehen. Horizontal, wenn alle vergleichbare Fahrzeuge und Technologien zu Verfügung haben, schon eher. 

 

4. Alle genannten Rennfahrer waren/sind ein Produkt ihrer Zeit, ja spiegeln deren Zeitgeist wider. Der öffentliche Umgang mit ihnen, die Aufmerksamkeit, die ihnen entgegen gebracht wird und wurde, ist durch die unterschiedlichen medialen Möglichkeiten nicht zu vergleichen. Waren Niki und Ayrton im eigentlichen Sinne „nur“ Rennfahren, sind Michael und Lewis fahrende Marken-Werbe-Ikonen mit einem ganz anderen Fokus in der Öffentlichkeit.

 

In Summe kann und sollte es einen historischen Vergleich der Rennfahrer nicht geben. Und wenn überhaupt stehen eher große Nachkriegsfahrer, wie Juan Manuel Fangio, Stirling Moss, Karl Kling, Pierre Levegh oder andere ganz weit vorne. Lewis Hamilton wird nach seiner aktiven Zeit genauso von der Bildfläche verschwinden, wie alle anderen nicht-charismatischen Fahrer, wie Mika Häkkingen, Fernando Alonso oder Nico Rosberg. Obwohl alle Formel 1-Weltmeister geworden sind.