Im Gespräch mit dem österreichischen Cheftrainer René Friedl zum Saisonabschluss 2019/2020

Gerne ist uns René Friedl zum Ende der Rodel-Saison Rede und Antwort gestanden und hat uns offen seine Sicht der Dinge über WM, EM und WC, seine zum Teil nicht ganz einfachen Entscheidungen, aber auch seine Ups and Downs erklärt. Nicht nur ein kleiner Blick in seine Gefühlswelt, sondern auch ein schöner (Rück-) Spiegel der Saison 2019/2020.

René, wie fühlst Du Dich am Ende der Saison? Happy über den Verlauf, ausgepumpt und leer oder ist der Blick schon wieder in die Zukunft gerichtet?

Happy über die erbrachten Leistungen bei der WM, der EM und im WC. Besonders zu erwähnen ist der Teamzusammenhalt, die super Arbeit unserer Materialtrainer und von unserem Physio Gerhard Mayer, aber auch die Unterstützung im Rodelverband. Wehmütig machen mich die Verletzung von Thomas und damit das Pech auch für Lorenz. Bitter auch der Sturz von David bei der WM – trotz Silber im Sprint.

Wenn man Dir am 22.11.2019 in Igls die Erfolge der Saison 2019/2020 im WC und bei der WM voraus gesagt hätte, hättest Du das unterschrieben oder hast Du mehr erwartet?
Hätte ich unterschrieben, in Sochi 3 + 2 Medaillen zu erfahren (das noch ohne die Doppel) erfüllt mich mit Stolz.

Was waren für Dich die Highlights und was die größte Enttäuschung der Saison?
Meine Highlights sind die zwei WC Siege von Jonas, die WM Medaillen, der Weltcup am Königssee mit Platz zwei für Jonas und dem 5. Platz von Madeleine. Auf der menschlichen Seite die Teamarbeit nach dem Ausfall von Steu/Koller. Das Schlimmste in dieser Saison waren wohl die Verletzungen von Thomas nach dem Sturz beim WC in Sigulda. Groß auch der Verlust, als Georg Fischler das Team verlassen hat. Ein anderer Tiefpunkt war auch, als die Heimbahn in Igls in einem sehr schlechten Bahnausbau war, trotz unseren Hinweisen vor der Saison. Hart war auch für mich persönlich, als ich als Cheftrainer vom Team Österreich den WC in Winterberg absagen musste, nachdem die Verantwortlichen in der Vorbereitung und späteren Durchführung des WC nicht rechtzeitig gehandelt haben.

Das Verletzungspech im Team zog sich durch wie ein roter Faden. Erst die Probleme im Doppel, sogar mit ihrem finalen Ausscheiden, mit Yannick seiner Hand, Wolfgang mit Rücken- und Nackenbeschwerden und auch Hanna Prock laborierte fast die ganze Saison an ihrem Rodelunfall. Für die Verletzungen ist der medizinische Bereich zuständig, für die Moral der Trainer. Wie gehst du damit um?
Sicher hatten wir heuer einiges Pech, vor allem bei den Doppelsitzern, doch von einem roten Faden würde ich nicht sprechen. Gerald Mayer (Physio) und unser Ärzteteam um Stefan Neuhüttler haben hier hervorragende Arbeit geleistet. Hanna hatte einen Sturz kurz vor Beginn der Weltcup-Saison. Hier hätten wir im Nachhinein länger Pause machen sollen. In solchen Situationen muss man einfach eng zusammenrücken. Und das ist eine der Stärken in unserem Team. Für die verletzten Sportler tut es mir persönlich leid, da ich weiß, dass sie das ganze Jahr gut trainiert haben und dann die Früchte ihrer Sommerarbeit nicht ernten können.

Neun Podestplätze, zwei vierte und vier fünfte Plätze bei den Herren – ein tolles mannschaftliches Ergebnis. Doch häufig gab’s am Ende auch die Erkenntnis, „… es wäre mehr drin gewesen…“. Wie lässt sich das „mehr“ Trainieren?
Das analysieren wir nach der Saison näher. Man muss auch sagen, dass wir ein sehr junges Team haben. Trotzdem müssen wir an der Konstanz arbeiten, ohne den Speed zu verlieren.

Die Überraschung der Saison waren sicherlich Yannick und Armin. Wie siehst Du ihren Weg?
Diesen Schritt haben wir uns reiflich überlegt. Gute Einsitzer-Fahrer haben auch die Möglichkeit, gut Doppel zu fahren. Und doch haben sie die Erwartungen weit übertroffen, Hut ab.

Gibt es etwas in der vergangenen Saison, was Du aus heutiger Sicht anders machen würdest?
Ja, ich würde Hannah nicht mit nach Übersee nehmen, stattdessen ihr die Chance geben, zuhause ihre Verletzung ausheilen zu lassen.

Winterberg – wie siehst Du das heute?
Das war die absolut richtige Entscheidung für unser Team. Man muss auch einmal ein Zeichen setzen, dass nicht alles hinzunehmen ist. Wir, die Sportler und die Trainer sind die Basis im Sport.

Die Deutschen waren immer bekannt für ihr überragendes Material, diese Saison hatte man den Eindruck, dass unseres mindestens ebenbürtig war. Wie haben wir das geschafft?
René lacht … Das darf ich nicht verraten… Aber sehr gute Arbeit von Tobias Schiegl und Peter Penz mit unseren Firmen wie Gerg, Wimmer und vielen anderen.

Du bist jetzt seit 15 Jahren Cheftrainer der Österreichischen Mannschaft, hast lange in Deutschland als Trainer gearbeitet. Gibt es Unterschiede im Training und wenn ja welche?
Ich war zehn Jahre in Winterberg/Deutschland und habe das B Team trainiert und bin jetzt seit 15 Jahren in Österreich. Gleich ist, dass es um Rodeln geht, aber damit hat es sich auch mit der Parallele. Es sind ganz andere Systeme, Deutschland ist staatlich strukturiert. Der Sport in Österreich ist leider nicht unparteilich. Im Sport spüren wir jede Änderung der Regierungszusammensetzung. Mehr möchte ich dazu eigentlich nicht sagen.

Für Deinen Trainerstab war es die erste gemeinsame Saison. Mit Peter - und mit Georg bis zu seinem Ausscheiden - hat das super funktioniert. Wie habt Ihr das geschafft und wie konnte das Team so schnell zusammenwachsen? Auch war Peter vor noch nicht allzu langer Zeit Kollege und plötzlich muss er sagen wo es lang geht?
Im Grund weiß jeder, was er zu tun hat und wie das Team tickt. Das ist sicher ein Vorteil. Die Sportlernähe von Peter und Georg war nicht immer ein Vorteil, aber wir hatten alle ein Ziel – nämlich zu gewinnen, das macht es aus.

Vorausgesetzt alle werden, bzw. bleiben gesund, werden wir dann die gleiche Mannschaft sehen oder sind  Änderungen geplant?
Keine Änderungen, hoffe dass alle Verletzten schnell wieder einsteigen können.

Danke für das Gespräch