2021 – Ein besonderer Blick in die Kristallkugel

Alle Jahre wieder ist die Erwartungshaltung groß, was das nächste Jahr wohl bringen wird. Jetzt, wo das Jahr 2020 langsam aber sicher Geschichte wird, stellt sich die Frage, wie und in welchem Ausmaß die sozialen Innovationen des vergangenen Jahres unsere Zukunft beeinflussen werden. Was wir lernen können, zeigt ein vorsichtiger Blick in die Kristallkugel.

Als industrielle Revolution werden tiefgreifende Veränderungen im technologischen Fortschritt bezeichnet, die Auswirkungen auf einzelne Menschen und ganze Gesellschaftsgruppen haben. Während historisch gesehen bereits drei Revolutionen hinter uns liegen, befinden wir uns derzeit mitten in der vierten Phase, im digitalen Zeitalter (Industrie 4.0). Doch wie sind insbesondere die quasi erzwungenen sozial-politischen Veränderungen des vergangenen Jahres einzuordnen (Sozial 0.1?)?

Home-Office und Videokonferenzen verändern die Industrie
Für Tätigkeiten, bei denen Home-Office eine realistische Alternative ist, ist die Zukunft klar. Die Frage ist nur, wie hoch der Anteil an Home-Office zukünftig sein wird. Weniger Bürofläche schafft Platz für mehr Produktionsfläche. Weniger Pendler-Fahrten zur Arbeit bedeuten nicht nur Zeitgewinn und geringere Umweltbelastungen, sondern haben auch einen enormen Einfluss auf den öffentlichen und privaten Nahverkehr mit all seinen Auswirkungen. So werden wir bald eine dauerhafte Veränderung unserer täglichen Lebens- und Reisegewohnheiten feststellen können.

In Sachen Geschäftsreisen erwarten selbst die überzeugtesten Vertreter der Luftfahrt- und Tourismusindustrie, dass es vor 2024 kein Zurück zum normalen Reiseverkehr geben wird. Das mag schon stimmen. Doch was ist dann normal? Das neue Normal wird ganz sicher wesentlich weniger Geschäftsreisen bedeuten. Die schnelle face-to-face Videokonferenz ist Standard geworden und wird eine starke Reduktion an Geschäftsreisen mit sich bringen.

Veränderte Einkaufs- und Mediangewohnheiten
Das Einkaufsverhalten hat sich in den letzten Monaten komplett verändert. Die Frage ist nur, ob wir wieder zurückfinden werden zu unserem traditionellen Straßeneinkauf oder ob wir weiterhin dem neu-gelernten Online-Shopping treu bleiben wollen? Die Faszination, nur die Enter-Taste drücken zu müssen, um das Objekt der Begierde ein/zwei Tage später angeliefert zu bekommen, wird bleiben. E-Commerce und T-Commerce sind feste Errungenschaften des vergangenen Jahres und sind nicht mehr wegzudenken. Bei Geschäften für Grundnahrungsmittel wird sich sicherlich nicht viel ändern, aber selbst der Lieferservice und Straßenverkauf von Fertigmahlzeiten und Essen-to-go wird neue Dimensionen erreichen.

Für den neuen James Bond Film wurde der Kinostart aufgrund der Pandemie bereits zweimal verschoben, und es grenzt an ein Wunder, dass er nicht schon in den Streaming-Kanälen zu sehen war. Warner Brothers plant für 2021 alle seine Filmstarts nicht nur im Kino, sondern auch auf seiner HBO Max Box als Video-on-Demand-Dienstleister zu präsentieren. TikTok und YouTube glänzen mit exzellenten Zuwachsraten. Die Anzahl ihrer Filmproduktionen hat in den letzten Monaten enorm zugenommen. Aber auch die Art und Weise, wie sie konsumiert werden, hat sich total verändert. Die Medienlandschaft hat sich unumkehrbar weiterentwickelt.

Gesundheits- und Bildungswesen
Noch im Januar dieses Jahres hätte sich nur die Wenigsten vorstellen können, Arztbesuche über das Internet zu tätigen. Dass man maximal den Arzt anruft, um sich dann doch in seiner Praxis wieder zu finden war Standard. Mittlerweile ist die medizinische Online-Beratung alltäglich geworden. Das Rezept liefert der Arzt online an die Apotheke, damit dort die Medikamente vom Patienten abgeholt werden können. Immer mehr Medizin-Apps beweisen, dass das Gesundheitswesen mehr denn je digitalisiert und im Vergleich zu früher nicht mehr wieder zu erkennen ist. Ob es damit auch besser wird, wird sich zeigen.

Fragt man Eltern mit Kindern im schulpflichtigen Alter nach ihren Schul-Erfahrungen 2020 wird die Antwort unisono ausfallen: die Schulen und Lehrer waren nicht vorbereitet, die Schüler und Eltern waren nicht vorbereitet und damit mutierte das Online-Schooling zur Katastrophe. Es wurde als Online-Teaching aber nicht als Online-Learning verstanden, mit dem Unterschied, dass beim Online-Teaching ein Lehrer bei seinem Vortrag von einer Kamera übertragen wird, währenddessen beim Online-Learning die ganze Palette interaktiver Kommunikation zum Einsatz kommt. Doch schon aufgrund der fehlenden sozialen Komponente ist davon auszugehen, dass die institutionalisierte Schule länger eine Zukunft haben wird, als das viele prophezeiten.

So wird in Summe das Pandemie-Jahr 2020 aufgrund der weltweit hohen Staatsverschuldung nicht nur enorme wirtschaftliche Folgen zeitigen, sondern es werden uns auch soziale- und gesellschaftspolitische Veränderungen erhalten bleiben – ob wir wollen oder nicht. Und wie eingangs erwähnt: es ist und bleibt der besondere Blick in die berühmte Kristallkugel.