Republikaner haben ihre Seele verkauft

Den heiligen Tempel der Amerikaner, das Kapitol, gestürmt. Die US-Flagge heruntergeholt, die Trump-Flagge gehisst. Der 06. Januar war der vorläufige Tiefpunkt einer amerikanischen Präsidentschaft. Die westliche Welt ist schockiert und für die Präsidenten Putin, Xi Jinping, Kim Jong-un und Hassan Rohani könnte es nicht besser laufen.

Und es kam nicht überraschend. Obwohl seit Monaten angekündigt, war das Sicherheitsaufgebot beim Sturm auf das Kapitol sehr gering, zumal das Weiße Haus keine Anstalten machte, die Nationalgarde zu schicken. Ein herber Schock für die amerikanische Seele, besonders für das rechts-konservative Amerika, zusehen zu müssen, wie der Mob um die QAnon-Bewegung in ihr Heiligtum einbrach. Denn ausgerechnet einer der ihren, Präsident Donald Trump, hatte den Sturm ausgelöst, als er mit seiner Rede zum Inauguration Day Öl ins Feuer geschüttet und zum Aufmarsch auf der Pennsylvania Avenue vor dem Kapitol aufgefordert hatte. Doch am Ende hatte Vizepräsident Mike Pence die formale Bestätigung des Ergebnisses der Präsidentschaftswahl von 2020, die Trumps Gegenkandidat Joe Biden gewonnen hatte durchgedrückt und so am Ende die Demokratie gerettet.

Vergleiche zu Deutschland lächerlich
Der nicht selten unternommene Versuch, Parallelen zwischen den Vorkommnissen in Amerika und in Deutschland herzustellen muss immer scheitern, da er aus vielerlei Gründen inhaltlich nicht richtig ist. Die Ereignisse vor dem Deutschen Reichstag waren aus einer komplett anderen Situation entstanden. Es gab keine Milizen und bei weitem keine so ausgeprägt große Gewalt wie vor und im Kapitol. Mögen auch Kapitol und Reichstag eine gleiche Symbolik verinnerlichen, war doch der Hintergrund bei beiden Veranstaltungen ein anderer. Das Schlimme war, dass sowohl in Washington als auch in Berlin dieselbe Verachtung in die Demokratie und der gleiche Hass in die Presse gezeigt und demonstriert wurden.

Letzter Ausweg: Amtsenthebungsverfahren
Dass Vizepräsident Mike Pence nicht auf die Forderung der Demokraten eingehen und seinen Präsidenten und langjährigen Gefährten für amtsunfähig erklären würde, war klar. Also bleibt als letzter Weg nur ein Amtsenthebungsverfahren des Mannes, dem viele Amerikaner nicht nur einen Putschversuch am 6. Januar vorwerfen, sondern auch die USA in den Nationalismus und Isolationismus geführt hat. Den Befürwortern eines Amtsenthebungsverfahrens, dem sich bisher auch zehn Republikaner angeschlossen haben, geht es in erster Linie um Konsequenzen aus den Vorkommnissen am Inauguration Day zu ziehen und um aufzuzeigen, dass ein Präsident, der sich so undemokratisch gezeigt hat moralisch weg muss. Sie sehen in ihm eine reelle Gefahr für die Demokratie und für ganz Amerika. Eine Meinung, die sie bereits mit einigen Republikanern teilen. Auch wollen sie durch das Impeachment aufzeigen, wer für oder gegen Trump und damit auch wer für oder gegen den Sturm auf das Kapitol ist.

Schweres Erbe für Jo Biden
Wenn Jo Biden als 46. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika am 20. Januar vereidigt wird, tritt er ein schweres Erbe an. Obwohl er wohl jeden Tag von seinen politischen Gegnern gejagt werden wird, muss er unter anderem an der Überwindung der Spaltung Amerikas arbeiten, die amerikanischen Wirtschafts- und Infrastrukturprobleme lösen und vor allen Dingen eine Antwort auf die COVID-19-Pandemie finden. Wie viel Zeit dann aus europäischer Sicht noch für Amerikas Außenpolitik bleibt, ist schwer abzuschätzen. Jedenfalls nicht genug!