Olympische Winterspiele Peking – Behind the Scenes

Aufruf zum politischen Boykott, zu bombastisch in einem „unfreien“ Land und nicht nachhaltig genug. Und dann noch Corona. Selten standen Olympische Winterspiele vor Beginn so im medialen Kreuzfeuer, wie die Spiele in Peking. Ein Versuch der Objektivierung. 

Das Wichtigste zuerst. Dass es bei Olympischen Spielen nicht um Spielen geht, sondern um einen Wettkampf, nämlich den Besten zu bestimmen, ist keine Erfindung der  Olympischen Spiele der Neuzeit. Dass dieser Wettkampf alle vier Jahre ein Highlight für unsere Sportler ist, auf das sie sich jahrelang, ja fast ein Leben lang vorbereiten, wissen wir alle. Und dass sie ein Recht darauf haben, sich diesem Wettkampf auch stellen zu können, ist mindestens allen Jenen klar, die einmal in ihrem Leben Leistungssport betrieben haben. Mindestens aus Respekt ihnen gegenüber, sollten Olympische Spiele nicht politisiert werden, sondern als das genommen werden, was sie im Ursprung sind und letztendlich auch uns als Zuschauer große Freude bereitet: Ein sportliches Großereignis, bei dem sich Sportler aus nahezu allen Ländern dieser Welt, in nahezu allen möglichen Disziplinen gegenseitig messen, um ihre Besten zu ermitteln. Und ein weiteres: Wer jemals bei Olympischen Spielen dabei war. Wer jemals die Chance hatte, ein Olympisches Dorf betreten zu können, der kennt und versteht den Charme der Völkerverständigung, der Vielfalt der Sprachen und der Kulturen, die durch die Sportler geprägt werden und die die olympische Familie ausmachen. 

Olympische Spiele und Politik: Als Olympia seine Unschuld verlor 
1936 war definitiv das Jahr, als die Nazis dafür sorgten, dass Olympia zum ersten Mal seine Unschuld verlor und die Spiele für ihre Zwecke missbrauchten. Aufgrund des Zweiten Weltkriegs waren die XII. und XIII. Olympischen Spielen 1940 und 1944 ausgefallen. Im Jahr 1948 fanden die XIV. Olympischen Sommerspiele erstmals wieder in London statt. Österreich durfte „als erstes Opfer des Nationalsozialismus“, wie die Alliierten das Schicksal des Landes bezeichnet haben, an den Wettkämpfen teilnehmen. Deutschland nicht. In den Nachkriegsjahren spielte Deutschland trotzdem ungewollt eine politische Rolle. Mit dem 1949 gegründeten NOK der BRD und dem 1951 gegründeten NOK der DDR gab es plötzlich entgegen der IOC-Regularien zwei nationale olympische Verbände eines Landes. So wurde zwar nur das westdeutsche NOK in die IOC-Familie aufgenommen und trotzdem gab es bis 1968 eine gesamtdeutsche Mannschaft, die mit schwarz-rot-goldener Fahne und weißen Olympischen Ringen auftraten, obwohl bereits 1963 die Mauer in Berlin gebaut worden war. Ab Mitte der 1970er Jahre wurden die Olympischen Spiele bis 1988 politisch missbraucht und aus unterschiedlichen politischen Gründen boykottiert (1976 Apartheit, 1980 Einmarsch in Afghanistan, 1984 Sicherheit der Sportler, 1988 Nord-Süd-Koreanische Befindlichkeiten). Und gerade aus dieser Geschichte heraus sollten wir gelernt haben, wie wenig solche Boykotte bringen und schon gar wie sinnvoll ein halbseidener „Diplomatischer Boykott“ ist. 

Von Nachhaltigkeit, Co2-Neutralität und Umweltverträglichkeit
In seiner Presseaussendung vom 29. Januar wird das IOC nicht müde, das chinesische Organisations-Komitee für die Ausrichtung seiner CO2-neutralen Spiele zu loben. So sollen alle Sportstätten mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werden. Der Personen-Transport soll zu 100 Prozent mit Fahrzeugen mit Elektro- oder Gasantrieb, der Lkw-Transport zu 85 Prozent mit alternativen Antrieben durchgeführt werden. Für das restliche CO2, dass bei den Spielen nicht verhindert werden kann, wollen die Chinesen Klima neutral über 80.000 Hektar Wald pflanzen. Doch Zweifel an der Nachhaltigkeit der Olympischen Spiele hört man in der Volksrepublik so gut wie keine. Meinungen zu äußern, die von der Staatslinie abweichen, kann gefährlich sein. Carmen de Jong, Professorin für Geografie an der Universität Straßburg in Frankreich ist da schon anderer Ansicht, wenn sie meint: „Das Versprechen, die Spiele seien nachhaltig, grün und sauber könne China nicht einhalten. Diese Winterspiele werden die unnachhaltigsten Spiele aller Zeiten sein. Es ist einfach zu viel im Spiel, was Wasser angeht, Bodenverlust, CO2-Ausstoß und so weiter“.

Pressearbeit bei den Olympischen Spielen in China
Gemäß §50 der Olympischen Charta sind Werbung, Demonstrationen und politische, religiöse oder rassische Propaganda untersagt. Verstöße gegen die Charta wurden in der Vergangenheit mit Disqualifikationen, Ausschlüssen oder Sperren beinhart verfolgt. Vor diesem Hintergrund verfasste das International Olympic Commitee IOC in den sogenannten „News Access Rules“ (NAR) die Spielregeln für die Berichterstattung der Journalisten zu den Spielen. Dass darüber hinaus Medienvertreter die Exklusivrechte des IOC aus dem NAR zu beachten haben und dass eine Missachtung den Verlust der Akkreditierung zur Folge hat, ist nichts Neues. 
Hinzu kommen allerdings die Media-Regularien des Beijing Organising Committee for the 2022 Olympic and Paralympic Winter Games. Ob die jetzt wegen Corona oder aufgrund der Sorge nach “unpolitischer” Berichterstattung so eng gezogen wurden, wird sich erst in der Praxis zeigen. Schon heute lässt sich aber feststellen: es war schon angenehmer Berichterstatter bei Olympischen Spielen zu sein. Vergnügungssteuerpflichtig sind diese Spiele sicherlich nicht.