Die Silberpfeile - Ein Mythos wird 90 Jahre alt

Der Premieren-Sieg auf dem Nürburgring, die Farbe „Silber“, die eigentlich keine war und die damaligen, unvergessenen Protagonisten, wie der erste Daimler-Benz Vorstand Wilhelm Kissel, der Mercedes-Chef-Ingenieur Dr. Hans Nibel oder der Rennleiter Alfred Neubauer und natürlich Rennfahrer wie Manfred von Brauchitsch, Rudolf Caracciola, Richard Seaman oder Hermann Lang, sowie nach dem Zweiten Weltkrieg Sir Stirling Moss und Juan Manuel Fangio legten den Grundstein für den noch heute so legendären Mythos der Silberpfeile.  

Es ist der 3. Juni 1934: Der Mercedes-Benz W 25 feiert im Eifelrennen auf dem Nürburgring Premiere. Manfred von Brauchitsch siegte und stellte mit 122,5 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit einen neuen Streckenrekord auf. Besser hätte die Erfolgsgeschichte der Mercedes-Benz Formel-Rennwagen von 1934, dem ersten Silberpfeil, nicht beginnen können. 

Kein Geld und kein konkurrenzfähiges Fahrzeug
Und es war ein holpriger Weg, bis der erste Silberpfeil an den Start gehen konnte. Trotz der Wirtschaftskrise Ende 1929 hielt Daimler-Benz Vorstand Wilhelm Kissel an seiner Überzeugung fest, dass „Rennerfolge ein wesentlicher Bestandteil und beweiskräftige Werbung seien“. Darüber hinaus wurde er mit dem Beschluss der Vorgängerin der heutigen FIA, der Association Internationale des Automobiles Clubs Reconnus (AIACR), konfrontiert, dass von 1934 bis 1936 die Rennen nach der 750-kg-Gewichtsfomel ausgetragen werden. Damit waren die Mercedes-Benz SSKL-Rennwagen in der neuen Rennformel chancenlos. 

Bereits im September 1932 legte der damalige Rennleiter Alfred Neubauer seinen Mercedes-Benz-Vorständen eine Vorabkalkulation über den Bau von fünf Rennwagen für eine Saison vor: Über eine Million Reichsmark. Eine Investitionssumme, die schließlich im Mai 1933 von den Nationalsozialisten zugesichert wurde. Jetzt konnte Dr. Hans Nibel endlich mit seinem Konstrukteur Max Wagner und Versuchschef Fritz Nallinger, wie auch mit seinen Motorenkonstrukteuren Albert Heeß, Otto Schilling und Georg Scheerer loslegen. Und es ging Schlag auf Schlag, da die Rennabteilung das Arbeiten im Stillen nie aufgehört hatte: Bereits nach sieben Monaten fanden mit dem ersten fertiggestellten W 25 die ersten Probefahrten auf dem Werksgelände in Untertürkheim statt. Und im Januar 1934 konnten die ersten Abstimmungsfahrten auf der Autostrada zwischen Milano und Varese durchgeführt werden.

Die Farbe „Silber“ ein Mythos?
Die 750-Kilogramm-Rennformel und die silberne Karosserie des Mercedes-Benz W 25 ergeben zusammen eine faszinierende Geschichte, die von Rennleiter Alfred Neubauer erzählt wurde. Demnach wurde vor dem Eifelrennen dem in der traditionellen Rennfarbe Weiß lackierten W 25 der Lack über Nacht abgeschliffen, um die 750-Kilogramm-Bestimmung zu erfüllen. Allerdings sind sowohl auf den Fotos von den Testfahrten im Januar 1934 auf der Autostrada von Mailand nach Varese nur silberne Karosseriekörper zu erkennen und auch Manfred von Brauchitsch schrieb später in seinen Memoiren, dass er der Erste gewesen sei, „mit den silbergleißenden Fahrzeugen die ersten Gehversuche zu machen“.  Und im Übrigen: das Eifelrennen von 1934 war gar nicht nach dem Reglement der 750-kg-Formel ausgeschrieben. Am Ende ist es aber doch eine schöne Geschichte, die viel zum Mythos der Silberpfeile beigetragen hat. 

Der erste Silberpfeil W 25 – ein phantastisches Entwicklungsprojekt
Der W 25 entstand ab 1933 als klassischer Front-Mittelmotor-Rennwagen und wurde bis 1936 weiterentwickelt. Sein Debüt erlebt er mit einem 3,4-Liter-Reihenachtzylinder-Kompressormotor (M 25 A), der bis zu 260 kW (354 PS) bei 5.800/min leistet. Noch im selben Jahr 1934 folgte der 4-Liter-Motor M 25 B mit bis zu 316 kW (430 PS), der erstmals im Klausenpass-Rennen zum Einsatz kam. Seine letzte Ausbaustufe, der M 25 C, mit einer Leistung von bis zu 340 kW (462 PS), kam erstmals im Jahr 1935 beim Großen Preis von Deutschland auf dem Nürburgring zum Einsatz. Sein Hubraum lag bei 4.309 ccm und sein Drehmoment stieg auf 598 Nm. 

Und immer wieder der kongeniale Alfred Neubauer
Der langjährige Mercedes-Rennleiter Alfred Neubauer bildete mit vielen seiner Chefs, ob Kissel, Nibel oder später Saller und Nallinger ein kongeniales Team seiner Zeit im Mercedes-Motorsport. Er verstand es, Organisation und in der Öffentlichkeit wirksames Auftreten unter einen seiner unzähligen Hüte zu bringen. Er war der Erfinder der Fahrerinformation während der Rennen durch Signal- und Boxentafeln und verschiedenen farbigen Flaggen. Er führte bei den Vorbereitungen der Rennen ein strenges Regiment. Nichts überließ er dem Zufall, bereitete alle Renneinsätze akribisch vor und war so maßgeblich am Erfolg der Silberpfeile von 1934-1939 beteiligt, aber auch nach dem II. Weltkrieg in den 1950er Jahren mit Sir Stirling Moss und Juan Manuel Fangio. 1957 ging er in Pension und lebte bis zu seinem Tod in der Nähe von Stuttgart, wo er im Jahr 1980, im Alter von 89 Jahren starb. 

Die Alfred-Neubauer-Trophäe – heute Wanderpokal der Ennstal-Classic 
Bereits im Jahr 1964 stiftete Mercedes-Benz Großbritannien die „Alfred-Neubauer-Trophäe“. Sie ist ein Bronze-Relief, das Neubauer mit Stoppuhr und Boxensignalen beim Grand Prix von Frankreich in Reims 1954 zeigt und wurde noch von ihm persönlich den jeweiligen Granden des Automobilsports, unter anderem John Surtees, Jim Clark, Jackie Stewart, Jochen Rindt und Niki Lauda verliehen. Letzterer gab die Trophäe an Mercedes-Benz Österreich zurück. Neubauer erteilte noch vor seinem Tod seine Zustimmung, dass sie als Wanderpokal an den jeweiligen Sieger des Oldtimer Grand Prix am Salzburgring verliehen werden darf. Und in Folge wird seit 1996 die Alfred Neubauer Trophäe jedes Jahr an den Gesamtsieger der Ennstal-Classic verliehen. 

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Foto: © Mercedes-Benz-Classic

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