Ennstal-Classic - Autofahren im letzten Paradies?

Im Cockpit höllische Hitze mit gefühlten 100°C und auf den Pässen in etwa 2.000 Metern Höhe noch immer tropische Temperaturen, aber dem Himmel näher und im Glück. Das Fahren im „letzte Paradies“ bei der Ennstal-Classic zeigte sich bei der 21. Ausgabe wieder von seiner besten Seite für die Liebhaber automobiler Klassiker. Eine wahre Hitzeschlacht – aber wir kommen wieder. 

 

Gröbming. Die Ennstal-Classic und ihre wunderschöne Drei-Länder-Region „Steiermark, Oberösterreich und das Salzburger Land“ passen ausgesprochen gut zusammen. Im Herzen Österreichs findet seit 21 Jahren die Ennstal-Classic statt, ein Drei-Tages-Event für klassische Motorsportfreunde mit einem Herz für Abenteuer und Romantik, ohne Elektronik – analog pur. Ein Event, der die Teilnehmer über verwunschene Passstraßen, einer Rennstrecke und immer wieder über traumhafte Landstraßen führt. 


Und doch, das Beste bekommen die Teilnehmer maximal am Rande mit: diese sensationell breite Palette an faszinierenden Oldtimern, mit ihren zum Teil legendären Fahrern: Mit dabei waren dieses Jahr der Brite Sir Stirling Moos, der Österreicher Karl Wendlinger, der Schwede Reine Wisell, der Italiener Nanni Galli oder die 87-jährige italienische Renn-Legende Maria Theresa de Fillipis, die 1958 als erste Frau in der Formel 1 auf einem Maserati startete. 


Faszinierende Fahrzeuge
Doch nicht nur die Fahrer-Ikonen - auch ihre Fahrzeuge schrieben in Gröbming wieder ihre Geschichten. Vom American LaFrance Open Tourer aus dem Jahre 1917, dem ältesten Fahrzeug im Starterfeld, bis hin zum Ferrari 121LM Rennsportwagen, der laut Marktwertanalyse des amerikanischen Ferrari-Magazins „Cavallino“ in einer Preisregion zwischen sechs und sieben Millionen Dollar rangiert. Ob vom stärksten Auto im Starterfeld, einem Lola T310, dessen 8,1 Liter-Chevy-V8 rund 800 PS leistet, bis hin zum schwächsten Auto einem Puch 700C mit nur 25 PS und 643 Kubik Hubraum. Sie alle starteten in zwei Starterfelder, der 21. Ennstal-Classic und der Chopard-Racecar-Trophy.


Neue Streckenführung – neue Herausforderung 
Bereits die Donnerstagstrecke hatte es in sich und führte über 380 Kilometer. Und das alles bei Sonne pur und lokalen Hitzegewittern. Bereits auf dem Parkplatz des Stoderzinkens kletterte das Thermometer am frühen Morgen über die 25 (!) Grad Marke. Doch allein der Anblick der über 200 geparkten Fahrzeuge mit einem Schätzwert weit im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich ließen das Herz eines jeden Oldtimer-Fans höher schlagen. Vom Parkplatz des Stoderzinken (1.800 Höhenmeter) ging es über den Sölk-Pass (knapp 1.800 Meter) zum ersten Höhenpunkt, der Sonderprüfung auf dem Red-Bull-Ring. Danach führte die Strecke - nach elf Sonderprüfungen - bei brütender Hitze über den Triebener Tauern, den Pötschenpaß zum Zielort nach Schladming, mit einem glücklichen Ende für die Teilnehmer: die bedrohlich aufgezogenen Gewitterwolken verschonten sie am Abend der Ferrari-Night in Schladming – also doch Paradies! 


Faszinierende Landschaften im Herzen Österreichs
Der Freitag-Marathon hieß nicht ohne Grund „Marathon“ und machte seinem Namen alle Ehre. 452 Kilometer, neun Sonderprüfungen, wieder brütende Hitze und zur Abwechslung auch Gewitter, forderten den Teilnehmern alles ab. Und doch. Die großteils faszinierende Streckenführung (wie findet man eigentlich solche Straßen…?) entschädigte für alle Strapazen. Die mehr oder weniger erstaunten, aber freundlich winkenden Passanten am Streckenrand in dieser wunderschönen Landschaft, wo sich Österreich von seiner besten Seite zeigt. Hier in dieser ländlichen Kulisse, dem Paradies im Herzen Österreichs, scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Emotionen pur. 


Äußerst knappe Siegerzeit bei der Ennstal-Classic 2013
Am dritten Tag, alles wie gehabt. Hitze, Hitze, Hitze. Und der Höhepunkt wartete in Gröbming mit einer Sonderprüfung mit sieben Lichtschranken, bei denen die Durchfahrtszeiten auf die Hundertstel-Sekunde einzuhalten waren. Und es war spannend. Bis vor dieser Prüfung war praktisch noch alles offen. Waren doch die Punkte- und damit Zeitdifferenzen der führenden Teilnehmern denkbar gering. Schließlich sicherten sich Wolfgang Fessl und Wolfgang Artacker auf ihren Fiat Abarth 124 Rallye aus dem Jahre 1972 mit lächerlichen 42 Punkten Vorsprung den Sieg im Gesamtklassement. Und das Beste: sie erhielten die begehrte „Mercedes-Benz-Trophäe Alfred Neubauer“, der diesen Preis 1964 ins Leben gerufen hatte und der seit 1996 wieder exklusiv an den Gesamtsieger der Ennstal-Classic überreicht wird. 


Sonderpreis für die sympathischste Veranstaltung ihrer Art
Ob am Begrüßungsabend im wunderschönen, altehrwürdigen Schloss Pichlarn beim amerikanischen Barbecue, ob während der Ausfahrten oder jenseits der Strecken bis hin zur Abschlussgala am Samstagabend. Die Organisatoren hätten eine Sondertrophäe für ihre hervorragende Organisation und für ihr freundliches souveränes Auftreten und die Veranstaltung für ihren familiären Charakter verdient gehabt. Vielleicht gibt es tatsächlich einmal einen solchen Preis, doch dann müssten die Organisatoren Helmut Zwickl und Michael Glöckner noch mehr Teilnehmergesuche ablehnen. Anfragen von eben jenen Enthusiasten, die die Liebe zu ihren klassischen Automobilen und dem Paradies auf Erden verbindet.