Goldgräberstimmung bei Classic-Fahrzeugen hält an

Niedrige Zinsen, ein weiterer Aufwärtstrend bei der Zahl historischer Fahrzeuge und ihr sich verändernder Stellenwert hin zum Kulturgut lassen ihre Nachfrage nach wie vor ungebrochen in nicht vorstellbare Dimensionen steigen. Neueste Auktionsergebnisse spiegeln sich in den manchmal objektiv nicht nachvollziehbaren Preisen wider.


 
Stuttgart. Der Oldtimer-Markt boomt. Allein in 2014 konnte das Altblech einen Wertzuwachs von sechs Prozent verbuchen. Steuerfrei und ohne Risiko. Kein Wunder also, dass sich viele Klassiker schneller denn je zum wahren Garagengold entwickeln und immer begehrter werden. Der Trend zum Klassiker hält an – und nicht nur das. Immer mehr Meinungsführer halten historische Fahrzeuge zurecht für Kulturgüter mit der Folge, dass in Ländern, wie den USA, Italien, Deutschland oder Frankreich wirksame Maßnahmen zur Unterstützung dieser Entwicklung ergriffen werden. „Aber es gibt auch problematische Aspekte dieser überbordenden Entwicklung“, wie Patrick Rollet auf der in Stuttgart stattfindenden Retro Classics, der größten Oldtimer-Messe Europas erzählt. Rollet ist Präsident der FIVA, der Fédération Internationale des Véhicules Anciens, die sich weltweit mit mehr als 1,5 Millionen Mitgliedern um alte Autos kümmert.

 

Kehrseite der Medaille
So sehr wie der regelmäßige Wertzuwachs bei historischen Fahrzeugen von ihren Besitzern geschätzt wird, öffnet er Tor und Tür für Investoren und Spekulanten, lässt die Preise der Oldtimer in zum Teil astronomische Höhen steigen und macht sie damit unerreichbar für den Normalverdiener. Ablesbar im Durchschnittsalter der Oldtimer-Liebhaber in Europa: 54 Jahre, Tendenz steigend. Darüber hinaus erhöht sich der Druck durch Umweltgesetze mit ihrer weltweiten Tendenz, Niedrigemissionsregionen einzurichten. „Ganz kritisch ist auch die Tatsache zu bewerten“, so Rollet, „dass die für die Restauration und Nutzung historischer Fahrzeuge erforderlichen Technologien stark gefährdet sind: Fähigkeiten und Know-how, Dokumentationen, Prozesse und Ausrüstung sind nur schwer zu bewahren“.  

 

Retro Classics 2015 mit Rekordzahlen
Und doch. Die Retro Classics scheint auch dieses Jahr eine Messe der Rekorde zu werden. 1.500 Austeller zeigen auf einer Gesamtfläche von 120.000 Quadratmeter was die Herzen der Oldtimerfreunde höher schlagen lässt. Stilikonen, wie die Sonderschau „30 Jahre BMW M5“ oder das „Projekt Geheim!“ des Porsche Museums, das automobile Visionen, Prototypen, Studien und Forschungsfahrzeuge aus vergangenen Jahrzehnten zeigt, tragen zu einer schillernden Fahrzeugshow von über 100 Jahre Automobilkunst bei. Lebensgefühle, wie die Ausstellung „The American Way of Drive“ aber auch die „Schnauzenbusse um 1950“ und die Traktoren-Ausstellung zeigen, dass nicht nur europäische Pkw zum Mythos „Automobil“ beigetragen haben.

 

Die Retro Classics feiert nicht ohne Grund jedes Jahr im Mekka der europäischen Automobilindustrie immer wieder neue Rekorde. Zeigt Kindheitsträume aus Chrom und Lack, Legenden des Rennsports, Luxuskarossen von gestern und Klassiker von morgen.